- "Menschen und Muster“
von Christiane Eva Morsbach
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(...)All jenen vom Rücken her, im verlorenen
Profil oder seltener
frontal gegebenen Protagonistinnen in
Dehnels Gemälden und
Fotoarbeiten schauen die Betrachter*innen
aus der Vogelperspektive
über die Schulter oder in Untersicht die
nackten schlanken Beine
bis zum Schoß herauf. So ist nicht
auszuschließen, dass sie sich
irritiert in der Rolle klandestiner
Voyeurist*innen wiederfinden. Das
ist möglich, wenn etwa die Figur einsam
zwischen hoch aufragenden
kahlen dünnen Baumstämmen positioniert ist und ihr Körper zwischen
oberem und unterem Bildrand nur von den
Füssen bis zur Hüfte,
von den Knien bis zur Brust oder von der
Hüfte respektive Brust bis
zum Hinterkopf hinauf dargestellt ist. Von
Werkserie zu Werkserie ist
zu beobachten, wie zunehmend
formatfüllende Close-ups figürlicher
Ausschnitte favorisiert werden; die
Einbettung in die vormals
kontextualisierende Umgebung wird dann
beinahe oder gänzlich
ausgeklammert. (...)
Mit der Wahl des Bildmotivs sowie über
die Lichtführung
und vermittels mal unsicher, spannungslos
wirkender Arm- oder
Handhaltungen respektive einer laxen
Stellung der Beine gelingt es
Sabine Dehnel, jene zweite, „unter der
Haut“ verborgene, beim
Betrachten beinahe Unbehagen evozierende
Ebene freizulegen. Das
regelmäßig aufgetragene, mit bloßem Auge
gut erkennbare „Make-up“
des Inkarnats der Modelle zieht den Blick
verstörend an. Es weist
das automatisch den Linien folgende Auge
der Betrachter*innen aber
zugleich schützend vor zu großer
Intimität gewissermaßen zurück.
(...) Im Jahr 1971 in Ludwigshafen am Rhein
geboren, lebt Sabine Dehnel
heute in Berlin. Nach einer ersten
Karriere als talentierte Volleyballerin
in den 1980er-Jahren, die sie bis in das Jugendnationalteam
brachte,
schloss sie ein Studium der Bildenden
Kunst in Mainz an, bei dem sie
den Fokus auf die Medien Malerei und
Fotografie gelegt hatte. Es folgt
ein für ihre weitere Entwicklung
wichtiger einjähriger Aufenthalt an
der Westküste der USA in Los Angeles und
der Umzug in die deutsche
Hauptstadt. Seit 2005 ist Berlin ihre
Wahlheimat. Internationale
Auszeichnungen und Stipendien, zahlreiche
Einzel- und Gruppenausstellungen
in Museen und Galerien sowie Ankäufe in
Sammlungen
flankieren ihre künstlerische
Entwicklung. Dazu gehörte 2018 ein Aufenthalt
auf der Insel Föhr am Museum Kunst der
Westküste (MKdW),
wohin sie als Artist in Residence
eingeladen wurde, nachdem sie
dort ein Jahr zuvor mit Werken aus der
Serie Mona an der
Gruppenausstellung
Reload. Tracht − Kunst − Mode beteiligt war.